Je mehr Menschen auf der Erde leben, desto mehr Müll wird produziert. Was also tun? Sich umbringen ist ja auch keine Lösung. Die Performing Group macht in „TRASHedy“ die Mülltragödie zur Real-Satire.
Die Evolution im Schnelldurchlauf
Während das Publikum seine Plätze sucht, läuft ein Film auf einer beleuchteten Papierwand ab. Die Vögel zwitschern. Ein Zeichner schlägt im Film ein kleines Notizbuch auf und erschafft mit schwarzem Filzstift eine Insel mit Palme und zwei Menschen. Manchmal schiebt eine Hand eine Folie mit einem gemalten Hochhaus über die idyllische Szene. Alles wurde vorher aufgezeichnet. Dann sieht man die Tiere nicht mehr. Eine düstere und wahre Zukunft. Die Hausfolie wird wieder entfernt. Im Vordergrund ahmen Constantin-Hochkäppel und Daniel Mathéus das Rauschen der Wellen nach, Vögel oder auch zwei Krebse.
Die beiden Performer stehen nebeneinander: Constantin rechts, Daniel links. Daniels linke Hand hält Constantins rechte Hand. Mit ihren freien Händen lassen sie zwei Krebse entstehen, die munter nach rechts und links krabbeln. Beide werden plötzlich zu Affen, springen mit großen Affenschritten ins Publikum. Alle Aufmerksamkeit liegt bei ihnen. Auch als sie zurück auf der Bühne sind, gehören alle Augen ihnen. Constantin und Daniel blicken ins Publikum, während der Film wieder die schöne Insel mit vielen Tieren zeigt. Noch ist die Welt in Ordnung.
Bühnenrealität trifft auf gemalte Realität
„TRASHedy“ vermischt immer wieder Bühnengeschehen und gemalte Film-Realität. Während Constantin dank Daniel ständig mit roten Plastikbechern versorgt wird, die er Becher für Becher wegwirft, wird die gemalte insel immer mehr und mehr mit roten Plastikbechern zugemüllt. Am Ende ist überall Plastik. Spielen sie den Tagesablauf durch, zeigt die Leinwand, welcher Müll von Burger, Pizza, Kaffee und co. übrigbleibt. Später stürzt Constantin ins Publikum, schnappt sich einen Kinderschuh und hält diesen an die Leinwand, auf die ein kleiner Automat gezeichnet wurde.
Daniel drückt auf einen gemalten Knopf neben dem Automaten und dieser spuckt den Herstellungsprozess des Schuhs aus. Schuh – Kuhweide – tote Kuh – Leder – Kaufhaus – Schiff – Schuhschachtel. So manch einer verkneift sich das Lachen beim makabren Anblick der gemalten Kuh. Kopf ab. Blut strömt aus. So einfach ist das. Daniel wirft den Schuh in einen Abfalleimer und wiederholt den Prozess mit einem Smartphone. Der Automat wertet ähnlich Negatives aus. Daniel fragt das Kind „Willst du`s wiederhaben? Wirklich? Willst du`s wirklich wiederhaben?“ Dann gibt er dem sichtlich erleichterten Teenie das Telefon.
Gegen Müll protestieren heißt Müll zu produzieren
Beide Performer werden für die Erhaltung unseres Planeten prostestieren und einer Jugendlichen aus dem Publikum ein Papier in die Hand drücken, um es ihm gleichzutun und menschliche Werte zu predigen. Das Mädchen nimmt das Papier an, ohne zu wissen, was draufsteht. Sie liest die Parole „Andere überzeugen“ und nickt. Die Paroli sind alle ausgedruckt, das Papier bleibt nach der Protestaktion liegen. Wie war das nochmal mit der Rettung des Planeten?
Dann der Bruch. Constantin und Daniel fallen aus ihren Rollen und diskutieren über ihr eigenes Stück. Es solle nicht zu belehrend oder moralisch daherkommen, sondern „superphysisch“ sein. Und dann legen sie erst richtig los. Sie schlagen den Bogen von Demokratie („Du hast die Wahl!“) zur Produktwahl im Supermarkt, mimen Superman und zitieren Spiderman. Alles im Dienste der Umwelt. Als sie denn bei der Quizshow über Umweltprobleme versagen ist auch dem Letzten klar, dass es gar nicht so einfach ist mit dem Umweltschutz.
Anmerkung:
Die Performing Group reiste mit ihrem Stück bereits nach Indien, Frankreich, Japan, Italien, Island oder Korea. Plakate ließen sie in die jeweilige Landessprache übersetzen, untertitelten die Quizshow und antworteten in Zeichensprache. Und um mit gutem Beispiel voranzugehen verwendet die Kompagnie die roten Plastikbecher immer wieder. In der Fragestunde zum Stück interessierten sich die Kinder und Jugendlichen vor allem für die Weltreisen, ein Kind fragte danach, ob das mit dem Umbringen („Kill yourself“) zu Gunsten des Umweltschutzes ernst gemeint. Natürlich nicht, aber so hatten Constantin und Daniel wenigstens einen Grund nicht einer Meinung zu sein und sich auf der Bühne zu kloppen.
Artikel: Susanne Gietl
Weitere Informationen
„TRASHedy“ von der Kölner Künstlergruppe Performing Group wurde am 25. und 26. Januar 2017 in den Uferstudios aufgeführt. Performance: Constantin-Hochkäppel und Daniel Mathéus, Sounddesign: Martin Rascher
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