14 Tage, acht Paar Schuhe, sieben Tänzer und zwei Klarinettisten brauchten VerTeDance, um ihr Stück „Correction“ auf die Beine zu stellen. Entstanden ist ein humorvoller und poetischer Abend über Ent- und Begrenzung, Zusammenhalt und Willensstärke.
Meist ist davon die Rede, wie schwierig es ist, in die Fußstapfen von Jemandem zu treten, aber davon, wie kompliziert es sein kann, in den eigenen Schuhen das Laufen zu lernen, nicht. Was passiert, wenn der Schritt ins Ungewisse einfach nicht gelingt, weil sich die eigenen Füße wie Blei anfühlen?
Freiheit durch Begrenzung?
Es ist Dunkel. Erst nach und nach erkennt man die neun Protagonisten auf der Bühne: Zwei Klarinettisten im hinteren Drittel der Bühne und sieben Menschen, die wie angewurzelt in einer Reihe stehen. Vier von ihnen sind Frauen und drei von ihnen Männer. Sie sind groß, klein, zierlich, kurzhaarig, langhaarig, haben verschiedene Haarfarben und große oder kleine Füße. Sie blicken ins Publikum, während aus der Ferne ein Song ertönt: „Mistaken the false for the real“ singt ein Mann. Es wird keine Auflösung geben, er ihre vermeintliche Verhaftung in den eigenen Schuhen meint und ob sie sich vielleicht doch aus den eigenen Fesseln befreien könnten.
Menschliches Pendel
„Correction“ von Theaterregisseur Jirí Havelka ist ein intelligent inszeniertes Stück, das nur selten redundant ist. Publikum wie Tänzer entdecken gleichzeitig wie sie durch einfaches Tippen an der Schulter zu pendeln beginnen. So manch einer im Publikum pendelt selbst. Erst zur Seite, dann nach hinten und nach vorne. Wer auf der Bühne fällt, muss eigene Wege finden, sich der eigenen Schwerkraft zu stellen. Besonders schön sind die Soli seiner Performer, die unermüdlich gegen die eigene Schwere ankämpfen. Das kann eigenartig aussehen, wenn jemand sich am Nebenmann oder der Nebenfrau festhält, um sich langsam wieder hochzuhangeln oder an den eigenen Schuhen festhält, um die eigene Balance zu finden. Kraftvoll, wenn alle Performer mit neuer Stärke in einer Reihe im stehen Laufen, komisch, wenn sie versuchen, sich gegenseitig umzupusten.
Synchron und asychron
Havelka wechselt ab zwischen synchronen Momenten und Momenten, in denen einer sprichwörtlich aus der Reihe fällt. Die Performer bilden menschliche Wellen, kämpfen auf der Stelle, pusten den anderen scherzhaft um. Sie teilen ihr Schicksal. Will Havelka eine Bewegung bis ins Unendliche ausdehnen, verwendet er musikalische Loops, die seine Klarinettisten live performen. Auch das Licht wählt Katarína Duricová mit Bedacht. Sie lässt auf der Bühne Schatten entstehen, die Klarinettisten im Dunkel verschwinen oder sie verwendet passend zu wilden Clubbeats Stroboskoplicht. der DJ hält sich dezent im Hintergrund.
„Correction“ besitzt einige Brüche. Wenn zum Beispiel Robo Nižník unvermittelt eine Banane in der Hand hält und sie durch die Reihe wandern lässt, um festzustellen, dass der letzte Bissen nicht ihm gehörte und zu lernen, wie er damit umgeht, dann ist das eine kleine Episode, die dem Stück und den Figuren mehr Charakter verleiht. Das tut ihm gut. Auch, dass sich die Figuren sehr oft anblicken, wenn sie eineinander in Bewegung versetzten ist eine kluge Entscheidung, denn sonst wären sie bloße Karikaturen ihrer selbst und das sind sie definitiv nicht.
Text: Susanne Gietl
Weitere Informationen
„Correction“ von VerTeDance wurde am 23. und 24. Januar 2018 im Rahmen des PURPLE-Tanzfestivals in den Uferstudios gezeigt.
Leitung: Jirí Havelka
Performer*innen: Veronika Knytlová, Soňa Ferienčíková, Helena Arenbergerová, Sára Arnsteinová, Petr Opavský, Robo Nižník und Rado Piovarči
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