Schon als Jugendliche hatten Kevin Edward Turner und Anthony Missen den Traum, eine Tanzcompany in ihrer Heimatstadt Manchester zu gründen. 2007 erfüllten sie sich mit Company Chameleon ihren Herzenswunsch. Für PURPLE performten sie nicht nur, sondern veranstalteten am letzten Wochenende auch einen Workshop mit Jugendlichen und Abschlusspräsentation. Im Interview erklärt Kevin, wie man aus Laien Tänzer macht, warum man durch zeitgenössischen Tanz für`s Leben lernt und wie er sich gegen böse Worte seiner Klassenkameraden wehrte.
War das nicht komisch, als Junge nicht Fußball zu spielen, sondern zu tanzen?
Kevin: Ich hatte in der Schule viele Probleme mit meinen Klassenkameraden und schreckliche Spitznamen, aber ich ignorierte einfach, was sie zu mir sagten. Wenn die Jungs an meiner Schule mal wieder stichelten, dann sagte ich: „Du duschst mit zehn nackten Männern, ich tanze mit schönen Frauen und DU stellst meine Sexualität in Frage?!“
Mitte der 90er hast du Anthony Missen am Trafford Youth Dance Theatre kennengelernt. Gemeinsam hab ihr 2007 Company Chameleon in Manchester gegründet. Warum war euch das so wichtig?
Kevin: Obwohl Manchester für Theater und Musik bekannt ist, gab es keine Tanzkompanie. Jetzt gibt es eine. Wir hatten so tolle Lehrer und Mentoren als wir jung waren und nun möchten wir die guten Erfahrungen, die wir damals gemacht hatten, in unserer Heimatstadt weitergeben. Es ist unsere Aufgabe, den neuen Tänzern den Weg zu ebnen. Wenn wir das nicht machen, wer dann? Wir möchten keine Anthony und Kevin-Clones erschaffen, sondern den Raum und die Zeit geben, damit eine neue Generation von Tänzern heranwächst.
Was ist dir bei den Stücken für Company Chameleon wichtig?
Kevin: Wir suchen immer etwas mit Bedeutung und Widerhall. Das Konzept kann dabei unglaublich einfach sein. „Push und Pull“ performen wir an öffentlichen Orten, unter freier Luft und an unkonventionellen Orten. Bei „Push und Pull“ geht es um die Beziehung von Menschen, die einander anziehen und sich wieder voneinander entfernen. Oft sehen Leute die Arbeit und ziehen dann ihre eigenen Schlüsse. Bei „Game Show“ beschäftigen wir uns mit Manipulation und Verführung durch die Medien und darum, wie Medien unser Leben kontrollieren und wie das unsere Entscheidungen beeinflusst. Wir beschäfitgen uns gerne mit menschlichen Befindlichkeiten, soziale Fragen und dem Thema Männlichkeit.
Bei „Beauty of the Beast“ werden alle Aspekte von Männlichkeit beleuchtet…
Kevin: Männern wird oft unterstellt, dass sie cool sein müssen und nur in einer Richtung funktionieren. Wir wollten zeigen, dass Männer auch verletzlich und emotional sein können. Außerdem entwickeln sie in der Gruppe eine ganz andere Stärke. Die Dynamik innerhalb einer Gruppe, die wechselnden Machtverhältnisse und Kräfte sind spannend und natürlich auch die Einflüsse von Freunden und Familie. Wie prägt einen das eigene Umfeld darin, was männlich ist.
Richten sich die Stücke von Company Chameleon nur an junges Publikum?
Kevin: Nein, wir kreieren mehrschichtige und facettenreiche Stücke für Tanzneulinge als auch für Tänzer, Choreografen oder ein tanzinteressiertes Pubilkum. Wir machen Tanztheater und arbeiten mit Text, Projektion, Bewegung. Viele Menschen konzentrieren sich bei ihren Stücken nur darauf, den Erwachsenen gerecht zu werden. Ich hatte mich mal mit Wayne McGregor (Anm. d Red: Choreograf) unterhalten, wie es ist, mit Kindern zu arbeiten. Der sagte so etwas ähnliches wie „wenn du die komplexesten Ideen vereinfachen kannst und Kindern diese Ideen vermitteln kannst, um ihre Kreativität zu unterstützen und weiterzuentwickeln, stell dir dann mal vor, was du bei Profis erreichen kannst.“ Ich spreche da von allen erfahrenen Tänzern – egal, welchen Alters.
Unterscheidet sich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen von der Arbeit mit Erwachsenen?
Kevin: Nein. Im Prinzip arbeiten wir immer mit den gleichen Werkzeugen. Wir versuchen herauszufinden, an welchem Punkt sich die Gruppe befindet, mit der wir arbeiten: Wie tief und weit wollen sie gehen? Ich stelle immer die eine Frage: Wie kann ich es jemandem ermöglichen, den ihm eigenen Tanz zu finden?
Wie gehst du da vor?
Kevin: Wir geben gerne den Jugendlichen ein Bild vor. Beispielsweise durchqueren sie als James Bond einen Raum, durch den sich viele Laserstrahlen ziehen. Sie müssen automatisch überlegen, wie sie ihre Arme, Beine und ihren Kopf bewegen und entwickeln so eigene Bewegungen. Berührungen spielen bei unseren Übungen eine große Rolle. Gemeinsam sollen unsere Schüler Vertrauen zueinander aufbauen und eine gemeinsame Sprache entwickeln, um ihre Rolle und den Raum zu erforschen.
Warum ist Tanz so wichtig für junge Menschen?
Kevin: Zeitgenössischer Tanz lebt viel von Zusammenarbeit. Man muss sich gut verständigen können und kreativ sein. Tanz ist auch gut für die Gesundheit und das körperliche und geistige Wohlbefinden. Durch Tanz entwickelt jeder seine eigene Stärke und man entwickelt mehr Selbstbewusstsein. Unabhängig davon, ob sie professionelle Tänzer werden: Von den Fähigkeiten können junge Menschen ihr ganzes Leben lang profitieren.
Weitere Informationen
Company Chameleon war mit „Beauty of the Beast“ bei PURPLE am 24. und 25. Januar zu Gast, Kevin Edward Turner gab am 28. und 29. Januar einen Workshop für Jugendliche. Die Abschlusspräsenation der neu entwickelten Performance fand am 29. Januar statt.
4 Kommentare
Der Workshop war super!
Kevin und Theo haben sich gut mit uns verständigt. Sie haben uns Choreus beigebracht, auf die ich selbst niemals gekommen wäre.
Es hat sehr viel Spaß gemacht mit ihnen zusammen zu arbeiten, man hat richtig gemerkt, dass sie eine Beziehung zwischen uns aufbauen wollten.
Danke, dass ich an diesem wunderbaren Erlebnis teil haben durfte!
wie schön zu hören! 🙂
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht!
Mir hat sehr gefallen, dass man selbst choreografieren konnte.
Das Team war sehr nett.
WUNDERBAR!
Während der gesamten Tanzworkshop war die Atmosphere sehr schön, alle waren so motiviert und Eure showing am Ende war auch WUNDERBAR 🙂