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„Tanz kann jeden erreichen“

Canan Erek. Foto: Miriam Tamayo
Canan Erek. Foto: Miriam Tamayo
Schlagworte
Datum
22.01.2017

Es ist nicht blau, es ist nicht pink, es ist purple. Eine Farbe, die Jungs und Mädchen gleichermaßen miteinbezieht. Gemeinschaft ist ohnehin für die Choreografin Canan Erek ein wichtiges Thema, denn Canan führt Jugendliche in Schulen an den Tanz heran. Ab 23. Januar veranstaltet sie PURPLE, internationales Festival für Kinder und Jugendliche. Canan spricht über Performances zwischen Traum und Alltagsrealität, gesellschaftskritische Stücke und  darüber, wie wichtig Identität für Kinder ist.

Du unterrichtest seit 20 Jahren Tanz. Erst an privaten Tanzschulen, seit 2008 unterrichtest du in Klassen. Was ist das tolle daran, in Schulen zu unterrichten?
Canan: In jeder Klasse ist die Dynamik anders und für mich gibt es die Herausforderung, alle mitzunehmen und zu begeistern.

Jetzt veranstaltest du mit PURPLE ein Festival, um Kinder und Jugendliche an den Tanz heranzuführen.  Wie bist du auf die Idee gekommen, ein solches Festival zu veranstalten?
Canan: Nach dem ich sechs Jahre bei dem Projekt TanzZeit in Schulen mitgewirkt habe, habe ich 2013 begonnen, meine eigenen Schulprojekte zu machen. Während des Modellprojekts das ich in Kooperation mit dem Theater TAK und der Otto-Wels Grundschule entwickelt habe, habe ich begonnen, mit den Schulklassen zu Tanz- und Theatervorstellungen zu gehen. Da fiel mir auf, dass es tagsüber keine Tanzvorstellungen gibt, die man besuchen konnte. Ab dem Punkt war ich motiviert, dies zu ändern.

Worauf hast du geachtet, um ein Festival für Kinder und eben nicht für Erwachsene auszurichten?
Canan: Bei dem Festival war es mir wichtig, Stücke für verschiedene Altersgruppen auszuwählen. Mir war wichtig, dass die Künstler etwas mitteilen und nicht nur Kunst um der Kunst willen machen. Tanz entsteht nicht nur über die Bewegung und Abstraktion, mich interessieren immer wieder die Menschen und deren Beweggründe.

Wie sieht ein Stück für Sechsjährige aus?
Canan: Die Kleinen haben eine kürzere Konzentrationsspanne, deswegen funktioniert es gut, wenn sie in die Stücke durch Interaktion miteinbezogen werden. Sie trennen nicht zwischen Performer und Zuschauer, sondern identifizieren sich direkt mit dem Stück. „Kartoffeln schälen in Wuppertal“ ist ein sehr spielerisch angelegtes Stück mit Mitmachaktionen für die Zuschauer. Die Kinder kann man dann auch nicht stoppen, wenn sie dabei sind, sind sie dabei!  Giardino Dipinto“ nenne ich immer ein Fest für die Sinne, weil Farben, Musik und Tanz auf eine gleichberechtigte Art und Weise existieren und die Kinder während des Stücks auf der Bühne durch Bewegung einen Garten malen können.

Und dann gibt es noch „nimmer“, eine Performance über das Verschwinden von Dingen…
Canan: „nimmer“ habe ich auf der Tanzplattform Deutschland (Anm.d.Red. bedeutendstes Präsentationsforum für zeitgenössischen Tanz) angesehen. Obwohl das Stück für Kinder gemacht wurde, war dort kein Kind im Zuschauerraum. Das fand ich schade.  Die Inszenierung ist sehr spielerisch und durchdacht zugleich. Der Zuschauerraum befindet sich mitten auf der Bühne und ich bin gespannt, wie sich das Stück verändert, wenn Kinder im Publikum sitzen.

Gehen wir mal zu den Jugendlichen über. Ein spannendes Stück ist „Beauty of the Beast“, weil es da um das Thema Männlichkeit geht, aber auch darum, ob Gruppenzugehörigkeit die eigene Identität ersetzt.
Canan: Zugehörigkeit ist in der Teenagerphase ein Riesenthema. Also wer macht was mit wem? Wer ist wie gestylt? Und es war auch spannend, dass es ein rein von Männern getanztes Stück ist und so Jungs überzeugen kann, dass Tanz eben nicht nur Mädchensache ist. Tänzer haben tanztechnisch eine große Palette. Ein Breakdance-Battle sieht man in dem Stück auch, es geht aber auch um die Verletzlichkeit des Mannes.

In TRASHedy, geht es darum, wie viel Plastikbecher man im Laufe des Lebens verbraucht. Wirkt das nicht oberlehrerhaft?
Canan: Nein, es ist ein Tanztheaterstück, das zwar konkret mit Themen umgeht und zum Nachdenken anregt, aber das auf eine spielerische Art und Weise tut. Die Performer sprechen Themen wie Umweltschutz, Konsumgesellschaft oder Demokratie an. Als Zuschauer wird man von einem Thema in das andere geführt und lernt, die Zusammenhänge zu verstehen. Und dann öffnen die Performer eine ganz andere Ebene, verzweifeln über sich selbst als Künstler und denken darüber nach, wie man nun kreativ arbeiten könne. Diese fand ich sehr sympathisch.

Nach jedem Stück gibt es eine Nachbereitung. Wie sieht sowas aus?
Canan: Für jedes Stück haben wir uns Formate ausgedacht. Bei TITLE, einem Stück über Dinge, die uns immer wieder begegnen, wird es kurze Einführung über die Dinge im Stück geben, danach ordnen die Jugendlichen ihnen eigene Bedeutungen zu. Und bei „Traumlabor“, beschreiben die Zuschauer in einem interaktiven Choreografiespiel etwas, was die Tänzer dann improvisatorisch umsetzen.

Und dann gibt es noch einen Workshop für Lehrer*innen „Tanz sehen und erleben“, denn die Tanzpädagogin Nadja Raszwekski leitet. Was lernen die Lehrer*innen diesem Workshop?
Canan: Viele Menschen kämpfen, wenn sie Tanz ansehen, damit, dass sie Tanz verstehen oder nicht verstehen. Wir wollen die Lehrerinnen von diesem Bedenken befreien. Wenn sie selbst auch körperlich tätig werden, dann machen sie eher eine sinnliche Erfahrung und finden einen anderen Zugang dazu, wenn sie Tanz anschauen. Ich hoffe, dass sie Erkenntnisse sammeln, die sie auf ihrem Weg später nutzen können.

Was wünschst du dir von den Besuchern des Festivals?
Canan: Begeisterung!

Interview: Susanne Gietl von Kulturschoxx.de

 

Weitere Infos

PURPLE – Internationales Tanzfestival für Kinder- und Jugendliche
Das Festival ist ausverkauft. Es gibt für jede Vorstellung noch Restkarten an der Abendkasse. Tickets für das Festival kosten zehn, ermäßigt sechs Euro. Anfragen an karten@purple-tanzfestival.de

Orte
Uferstudios | Uferstraße 8 | 13357 Berlin-Wedding
Theater Strahl | Halle Ostkreuz | Marktstr. 9-12 | 10317 Berlin-Lichtenberg
Tanz Spielzeit Podewil | Klosterstr. 68 | 10179 Berlin-Mitte

Purple wird gefördert durch “Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten”. Die Gastspiele NIMMER und TRASHedy werden auch ermöglicht durch das NATIONALE PERFORMANCE NETZ im Rahmen der Gastspielförderung Tanz aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Kultur- und Kunstministerien der Länder.

 

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