Skip to content

Das Kissentier

Der Bau. Copyright: Roberto Duarte
Der Bau. Copyright: Roberto Duarte
Schlagworte
Datum
26.01.2019

„Man soll Kinder genauso ernst nehmen, wie Erwachsene“, ist das Credo von Choreografin Isabelle Schad. Nicht nur deswegen war sie bereit, ihr von Kafka inspiriertes Stück „Der Bau – Gruppe“ /Kids“ für Kinder ab sechs Jahren in den Uferstudios zu zeigen, nur mit einem Zusatz im Titel /Kids. Ganz nebenbei zeigte sich, dass 60 Sitzsäcke einfach die besten Mitperformer*innen sind, die man sich vorstellen kann.

Der Bau war ein Solo

Die Performance war ursprünglich als Solo von Isabelle Schad konzipiert, die Choreografie entstand 2012 gemeinsam mit der französchen bildenden Künstlerin Laurent Goldring. Damals tanzte Schad nackt mit erdfarbenen Stoffen, die als äußere Schicht wie ein eigenes Körperteil wirkten oder ihr alls Hülle dienten.

„Der Bau“ ist inspiriert von Franz Kafkas gleichnamiger Erzählung. Er beschreibt darin einen Tierbau, der nicht zu unterscheiden ist von dem menschlichen Körper. Diese Idee hat Schad ständig weiterentwickelt und aus dem Solo eine Gruppenperformance gemacht. Statt mit Tüchern arbeitet die Gruppe mit schwarzen Sitzsäcken.

Lebendige Sitzsäcke

Überall auf der Bühne liegen dunkle Kissen. Wäre es keine Performance, würde man sich gerne hineinfallen lassen. Doch die Kissen sind eigentlich keine Kissen, sondern Sitzsäcke, die sich langsam zur Seite bewegen. Langsam erscheint ein Fuß oder ein Arm und schließlich erhebt sich der ganze Mensch aus dem lebendigen Sack. Die Füße verhaften weiterhin im Stoff. Manche Kinder kichern. Der Anblick ist einfach zu skurril.

Alle zehn Performer*innen zieht es in Zeitlupe mit jeweils einem Sitzsack in der Hand, ein Arm rudert lansam nach vorne. Dann der andere. Es eine mühsame Art der Fortbewegung, die wenig menschlich, mehr tierisch wirkt.

Bitte akzeptieren Sie Marketing Cookies, um dieses Video anzusehen.

Bewegungen aus der Natur

Isabelle Schad leiht sich in „Der Bau – Gruppe/Kids“ Bewegungen aus der Natur. Mal formen die zehn Tänzer*innen eine Art Kissenwall, im Hintergrund hört man eine Art Meeresrauschen, sie biegen ihre Körper und Kissen wie Wellen eines Meeres. Welches Kissen wem gehört, das weiß man schon längst nicht mehr.  Ein anderes Mal bücken sich die Perfomer*innen – diesmal steht jeder für sich – nach vorne. Jede/r greift nach jeweils einem Sack pro Hand und greift und greift.

In der anschließenden Fortbewegung sieht das aus, wie eine Gruppe von stillen Affen. Nach und nach lässt sich jede/r in den Sitzsack fallen und scheint zu schlafen. Die Bühne ist ganz dunkel und es ist muxmäuschenstill. Die Stille währt nicht lange. Ein lautes Geräusch durchbricht die Nachtruhe. Alle nehmen ihr Geschäftigkeit wieder auf. Bewegt sich ein Sitzsack klingt es wie ein sanftes Wasserrieseln.

Isabelle Schad findet viele Bilder für das Tier, das Kafka bereits 1924 beschrieb. Den Bau lässt sie immer wieder auf`s Neue entstehen und der fast unbemerkte Klangteppich verdichtet die Mass und macht die Performance zu einem ganzheitlichen Erlebnis für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.

Kritik: Susanne Gietl

 

Weitere Informationen 

„Der Bau“ wurde am 22. und 23. Januar 2019 im Rahmen des PURPLE-Tanzfestivals in den Uferstudios uraufgeführt

Konzept, Choreografie Isabelle Schad Künstlerische ZusammenarbeitSasa Bozic, Laurent Goldring
Performance, Co-Choreografie Przemyslaw Kaminski, Roni Katz, Nina Kurtela, Manuel Lindner, Lena Lux, Diethild Meier, Benjamin Pohlig, David Pollmann, Anna Posch, Sonja Pregrad Komposition, Sound Design Damir Šimunovic
Lichtdesign/Technische Leitung Emma Juliard Kostüm Marion Montel
Produktionsleitung Heiko Schramm

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.